Juni 2020

"Fuß vom Gas"! - Rückenschmerzen langsam weglaufen?

"Jogging!" ist oft der erste Gedanke, wenn das schlechte Gewissen mal wieder hochkommt, dass man Sport treiben sollte. Einfach die Joggingschuhe an und raus, wann, wo und wie lang immer Mann/Frau möchte!

Ach, wie leicht und unbeschwert ist man früher einfach losgelaufen und fühlte sich danach blendend! Schließlich behaupten viele, das alte 40 sei die neue 50!
Zwar mögen wir uns zumindest im Kopf für wesentlich jünger halten, aber beim Laufen nach langer Abstinenz zeigt sich - wie bei jedem Sport - die biologische Wirklichkeit.

Nach vielleicht jahrelanger Trainingspause will der Körper langsam und behutsam an die Belastung herangeführt werden. Oft schmerzen danach ganz unerwartet die Gelenke und machen selbst die ambitioniertesten Vorsätze zunichte. Jedes "Zu schnell, Zu weit, Zu lange“ kann zu Schmerzen und Verletzungen führen. Wie oft kommen Patienten mit Rückenschmerzen nur aus diesem Grund in die Praxis !

Ganz anders sieht es aus, wenn man beim Laufen die Geschwindigkeit so weit reduziert, dass der Bewegungsapparat keine unangenehme Rückmeldung gibt. Geht das? Ja, es geht! Ich gebe zu: es ist erst einmal gewöhnungsbedürftig, in einer Geschwindigkeit zu traben, bei der man evtl. von einem schnellen Walker überholt werden kann. Aber genau darum geht es beim Slow Jogging (langsames Jogging)!
Nicht „Gas geben“, sondern dem eigenen Wohlbefinden entsprechend langsam vorantraben. Keine körperlichen Leistungsgrenzen überschreiten zu wollen, sondern das persönliche Wohlfühltempo zu finden.
Außerdem werden beim Slow Jogging, wie beim Hüpfen, die Füße mit dem Mittelfuß aufgesetzt, während sie beim Walken auf der Ferse landen.

Slow Jogging einerseits und Walken andererseits sind deshalb physiologisch sehr unterschiedliche Bewegungsformen. (Lesen Sie bitte hierzu auch meinen Beitrag "Gehen Sie sich gesund!".)
Knie, Hüften und Wirbelsäule werden durch das sanftere Aufsetzen weniger belastet als beim Walken. Es bietet sich deshalb gerade für Sportler fortgeschrittenen Alters an. Wer zudem mal den einen, mal den anderen Laufstil wählt, beugt Langeweile vor und sorgt für einen wirkungsvollen und sehr angenehmen sensorischen Wechsel.
Entwickelt wurde diese spezielle Laufart von dem Sportphysiologen Prof. Dr. Hiroaki Tanaka aus Japan.

Die Fußbelastung, extrem kurze Flugphase und geringen Körperschwankungen wirken - sogar bei längeren Trainingseinheiten - außerordentlich gelenkschonend.

Deutlich minimiert wird die Gefahr der oft so schädlichen Übersäuerung. Man bleibt bei korrektem Tempo immer im aeroben (sauerstoffreichen Bereich).
Im Vergleich mit schnellem Walking oder Running stellt das Slow-Jogging eine weitaus schonendere Trainingsform mit zugleich sehr effektivem Trainingseffekt dar.

Die Krönung ist: Es kann sehr viel Spaß machen und steigert schon nach kurzer Strecke das allgemeine Wohlbefinden.
Für mich - nicht wehr so weit von Sechzig - stellt Slow Jogging eine schöne Möglichkeit dar, mich fit zuhalten und dabei an die Glücksgefühle beim Laufen von früher anzuschließen.

Noch mehr Infos und viele wertvolle Tips zum Thema Slow Jogging finden Sie auf www.slowjogging.de oder der dazugehörigen Facebookseite mit Community und regem Austausch.

Viel Spaß dabei!


Dr. med. Georg H. Kaupe

Facharzt für Orthopädie

Sportmedizin

 

Bonn

Covid-19 als Chance! Interview mit Kabinett

Dr. Kaupe im Interview mit Kabinett

Dr.Georg Kaupe, Orthopäde und Sportmediziner aus Bonn, im Interview mit Kabinett zum Thema Corona. Das Interview können Sie hier im Volltext lesen, oder auch im Artikel auf kabinett-online.de.

Kabinett:
Herr Dr. Kaupe, in wieweit hat Covid 19 Ihren Praxisalltag beeinflusst?
Dr. Kaupe: Gerade in der Anfangszeit der Pandemie waren die Patienten zögerlich und sind weniger in die Praxis gekommen. Das normalisiert sich aber langsam. Wir haben unser Hygienekonzept, das vorher auch schon umfassend war, den neuen Vorschriften angepasst. Meine Mitarbeiterinnen sind besonders sensibilisiert.
Eine starke Veränderung bedeutet allerdings der nun notwendige Mund-Nasenschutz, der die außerordentlich wichtige Mimik im Arzt-Patienten-Gespräch verdeckt. Dies ist besonders schwierig für die kleinen Patienten in meiner speziellen Kindersprechstunde, die nun mein Gesicht fast nicht mehr sehen können.
Insgesamt versuche ich zurzeit die untersuchungsbedingten oft geringen Abstände zum Patienten, auf das Nötigste zu reduzieren und biete auch außerhalb der regulären Sprechzeiten eine telefonische Rufbereitschaft an.
Kabinett:
Haben sie selbst Angst sich anzustecken?
Dr. Kaupe:
Nein, ich habe keine Angst. Ich habe aber Respekt vor diesem neuartigen Virus, so wie ich Respekt vor jedem potentiell gefährlichen Krankheitserreger habe. Gesundheit braucht Schutz - keine Frage! Deshalb achten meine Mitarbeiterinnen und ich sehr genau auf die Einhaltung der notwendigen Hygienevorschriften wie: Abstand, Handschuhe, frische Raumluft, Mund-Nasenschutz, Vermeidungsverhalten, Oberflächendesinfektion sowie gründliche Händedesinfektion beim Eintritt in die Praxis.
Kabinett:
Werden Sie als Arzt häufig danach gefragt, wie man sich verhalten soll?
Dr. Kaupe:
Sicherlich, das kommt gerade in der heutigen Krisenzeit vermehrt vor, wobei ich bei generellen Fragen in erster Linie auf die gerade geltenden Vorschriften verweise. Wenn ich von Patienten*innen gefragt werde, was ich als Sportmediziner und Orthopäde für mich persönlich tue, kann ich nur immer wieder betonen, wie wichtig Sport und Bewegung für ein starkes Immunsystem sind. Aus diesem Grund setze ich auf Spaziergänge im Wald, regelmäßiges Fahrradfahren, moderates Krafttraining und eine gesunde Ernährung.
Eine besondere Bedeutung hat daher für mich eine ganzheitliche Betrachtung des Patienten. Neben der Behandlung akuter Beschwerden liegt deshalb ein besonderes Augenmerk auf der Prävention. Dazu gehören neben Bewegung und gesunder Ernährung ein erholsamer Schlaf.
Kabinett:
Was gehört für Sie zu gesunder Ernährung?
​Dr. Kaupe:
Im Rahmen meiner langjährigen Praxiserfahrung habe ich über die verschiedenen Ernährungsstile meiner Patienten wertvolle Rückschlüsse auf die Verbindung von Ernährung und körperliche Gesundheit gewonnen. Ein wichtiger Faktor ist die Ausgewogenheit der Ernährung in Verbindung mit der Reduktion von Zucker und ungesunden Fetten. Abwechslungsreich essen und dabei überwiegend pflanzliche Lebensmittel verzehren, Vollkornprodukte bevorzugen, so wenig Fett wie möglich und auf ausreichend Flüssigkeit achten, dass ist der beste Weg, einer Vielzahl heutiger Zivilisationskrankheiten vorzubeugen. Ich persönlich ernähre mich inzwischen vorwiegend vegetarisch und achte auf eine vollwertige Versorgung meines Körpers mit Vitalstoffen.
Kabinett:
Worin sehen sie die Hauptursachen für Beschwerden am menschlichen Bewegungsapparat?
Dr. Kaupe:
Zu den häufigsten Ursachen gehören Übergewicht, Bewegungsmangel und zu einseitige Belastung. In geringerem Umfang aber auch genetische Faktoren sowie einige Grunderkrankungen.
Kabinett:
Wie wirkt sich Stress Ihrer Meinung nach auf den menschlichen Körper aus?
Dr. Kaupe:
Stress ist im Grunde eine wunderbare Strategie der Natur. In herausfordernden Situationen schüttet der Organismus in Sekundenbruchteilen Hormone wie Cortisol, Noradrenalin und Adrenalin aus. Diese sorgen dafür, dass sich Herzschlag und Atmung beschleunigen, viel mehr Sauerstoff durch den Körper strömt und sowohl Gehirn als auch Muskeln ausreichend Zucker zur Verfügung steht. Zu viel Stress jedoch oder gar Dauerstress kann krankmachen. Der menschliche Körper reagiert auf Unausgeglichenheit und vor allem emotionalen Stress oftmals mit Rückenschmerzen, die bildgebend nicht zu erklären sind. Wird dieser Faktor außer Acht gelassen und nicht berücksichtigt, sind klassische orthopädische Schmerztherapien mit Injektionen und Medikamenten oft nur sehr kurzfristig erfolgreich oder ganz wirkungslos. Als behandelnder Arzt muss man sehr genau herausfinden und erkennen, ob das Beschwerdebild vorwiegend von stressbedingten Verspannungen herrührt oder strukturelle Ursachen hat. Wichtig ist hier eine ausführliche Anamnese, die auch diesen Bereich beleuchtet. In meiner Praxis biete ich in solchen Fällen spezielle Behandlungswege wie Akupunktur, Lasertherapie, manuelle Therapie und Osteopathie an. Diese sind hervorragend geeignet, biomechanische Blockaden zu lösen.
Kabinett: Im Internet finden sich immer wieder Blogbeiträge aus Ihrer Praxis. Worum geht es da?
Dr. Kaupe:
Seit über vier Jahren beschäftige ich mich in meinem Gesundheitsblock, als Teil meiner Praxis-Internetpräsenz, speziell und intensiv mit den verschiedensten orthopädischen Erkrankungen. Im Grunde ist es nicht schwer, körperbewusster und gesundheitsbewusster zu leben. Es gibt einfache grundlegende Gesetzmäßigkeiten, die ich in meinen Beiträgen aufzeige. Ich möchte damit Mut machen, bestimmte eingeschliffene Verhaltensweisen zu verändern und aufzeigen, wie einfach der Weg sein und wie man auf diesem Weg bleiben kann.
Kabinett:
Glauben Sie, dass COVID-19 das Gesundheitsbewusstsein nachhaltig verändern wird?
Dr. Kaupe:
In Krisenzeiten sind oftmals Veränderungen möglich, die unter normalen Umständen möglicherweise undenkbar waren. Alles hat sich verändert, unser Berufsleben und unser gesellschaftliches soziales Leben. Die Sorge um unsere Gesundheit, um die Gesundheit der anderen ist an erste Stelle getreten. Gesundheit ist zum wichtigsten Wert geworden. Es ist zu hoffen, dass wir auch nach Corona unserer Gesundheit, Fitness, Leistungsfähigkeit und unserem mentalen und körperlichen Wohlbefinden eine hohe Bedeutung zumessen. Insofern glaube ich, dass sich unser Gesundheitsbewusstsein nachhaltig verändern wird. COVID 19 kann daher auch eine Chance sein.